Handelsblatt-Artikel: „Da wird nicht um die letzten Tausender gefeilscht“

Wer den Luxus-Makler aufsucht, will etwas Besonderes und kann Millionen für eine Immobilie zahlen. Hier spricht er über die speziellen Wünsche der Kunden.

Herr Riedel, bei Ihnen im Schaufenster und vor allem auf der Website sind die Kaufpreise der meisten Angebote sieben- bis achtstellig, spüren Sie die herannahende Rezession in Deutschland?

Noch nicht, wir hatten in den ersten drei Monaten dieses Jahres das beste erste Quartal unserer Unternehmensgeschichte. Allerdings gab es im April einige Absagen.

Haben Sie die Gründe dafür erfahren?

Einige Käufer – und ich spreche hier von Menschen, die Immobilien für zehn Millionen Euro aufwärts kaufen wollten – haben abgesagt, weil die Aktienkurse Anfang April gesunken sind. Einige wollten offenbar ihre Kursgewinne realisieren und das Geld als Eigenkapital einbringen.

Über welche Summen reden wir? Werden Zehn-Millionen-Euro-Villen, wie im breiten Markt üblich, auch mit 20 Prozent Eigenkapital finanziert?

Nein, die meisten unserer Kunden bringen die Hälfte des Kaufpreises und mehr als Eigenkapital mit. Nicht wenige nehmen nur deshalb einen Kredit auf, weil sie das Kapital dann als Eigenkapital für renditestärkere Investments verwenden können.

Woher kommen Ihre Kunden?

Das Gros unserer Objekte befindet sich in München und der nahen Umgebung. Von dort kommt auch die Mehrheit der Käufer für Häuser und Wohnungen, die zwischen einer und fünf Millionen Euro kosten. Gehen die Preise höher, erweitert sich auch sozusagen das Einzugsgebiet – und die Interessenten kommen aus dem gesamten Bundesgebiet.

Welche Rolle spielen Käufer aus dem Ausland?

Vereinzelt haben hier Chinesen gekauft, in der Vergangenheit kamen ab und zu Russen. Je mehr Google, Apple und Microsoft in München investieren, könnte es auch sein, dass Amerikaner aus den Chefetagen dieser Unternehmen hier sesshaft werden. Aber insgesamt kommen nicht mehr als fünf bis zehn Prozent der Käufer aus dem Ausland.

Aber Millionäre aus Berlin oder Nordrhein-Westfalen können doch auch in ihrer Heimat passende Immobilien finden und müssen obendrein dafür weniger bezahlen.

Das könnte man meinen. Aber München und sein Umland übt eine große Anziehung auf Vermögende aus dem Rest der Republik aus.

Warum ist das so?

Natürlich spielen dabei die Standortvorteile von München eine große Rolle, wie etwa die hohe Lebensqualität, die gute internationale Anbindung durch den Flughafen und eine exzellente medizinische Versorgung. Neben diesen bekannten Faktoren denke ich aber auch, dass es gerade für die höchstvermögenden Menschen eine große Rolle spielt, dass sie hier auf viele andere ähnlich reiche Menschen treffen und es hier sehr sicher ist.

Sind das wirklich wesentliche Gründe für einen Kauf in München?

Ja, ich habe von vielen sehr wohlhabenden Menschen gehört, dass sie sich hier wohlfühlen, weil sie in München weniger auffallen und die Polizei nie weit weg ist. Die Kriminalstatistik gibt ihnen recht.

Ist Sicherheit generell ein Kriterium beim Kauf von Luxusimmobilien?

In jedem Fall. Einbruchschutz und Alarmanlagen sind enorm wichtig.

Markus Riedel

Vita

Der Makler Markus Riedel arbeitet seit 2009 im Familienunternehmen und ist inzwischen geschäftsführender Gesellschafter. Der Münchener studierte Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Immobilienökonomie an der European Business School in Oestrich-Winkel. In Hongkong machte er einen Master in Immobilienwirtschaft und arbeitete danach als Analyst für Immobilientransaktionen bei der US-Bank Morgan Stanley.

Das Unternehmen Riedel Immobilien wurde 1982 von Markus Riedels Eltern Ingrid und Heiner Riedel gegründet. Über die Jahrzehnte entwickelte sich das Münchener Maklerhaus zur Adresse für luxuriöse Immobilien. Seit 2023 vertritt das Unternehmen auch die Immobiliensparte des britischen Auktionshauses Christie’s in Deutschland.

Gilt das auch für hohe Mauern und Bunker, wie sie derzeit bei den Reichen in den USA beliebt sind?

Was die Mauern angeht, ja. Oder anders ausgedrückt: Wer ein Haus für zehn Millionen Euro und mehr kauft, will nicht, dass jeder Passant in den Garten schauen kann. Explizite Nachfragen nach Bunkern habe ich noch nicht gehabt. Gleichwohl haben wir schon Häuser vermittelt, die einen Panic-Room hatten, Sicherheitszentralen oder eigene Zimmer für Wachpersonal.

Was fragen Ihre Kunden noch nach?

Garagen. Auch wenn Autos nicht mehr unbedingt dem Zeitgeist entsprechen, gibt es viele Vermögende, die Autos sammeln und diese Fahrzeuge gerne in ihrer Nähe haben. Nicht selten wird gefragt, ob das Baurecht eine Tiefgarage erlaubt.

Das könnte bei einem Altbau schwierig werden.

Sie sagen es. Daher sind Altbauten gar nicht mehr so beliebt, wie sie es einmal waren.

Welche Immobilien sind denn momentan beliebt?

Wo vor zehn, 20 Jahren noch der kernsanierte Altbau das Objekt der Begierde war, sind es heute Immobilien mit einer klassischen Architektur und Fassade, aber einem topmodernen Innenleben.

Inwiefern spielt der Energiestandard eine Rolle?

Er spielt eine Rolle, aber keine besonders große. Viele Käufer schauen sich aber die Immobilien sehr genau an.

Worauf achten sie dabei besonders?

Etwa, ob das Gebäude dem Baurecht entspricht. Menschen, die sich Luxusimmobilien kaufen, wollen vor allem eines: keinen Ärger. Für viele wäre es ein Albtraum, wenn sie in der Zeitung über sich lesen müssten, dass sie in einem Haus leben, in dem etwas nicht stimmt.

Spielen die Vorbesitzer eine Rolle, also lassen sich Immobilien, in denen vorher ein Promi gewohnt hat, besser oder schlechter verkaufen?

Wir versuchen, alle Häuser so diskret wie möglich zu behandeln. Kein Käufer will Schaulustige an der Straße stehen haben, die wissen wollen, wer nun einzieht, wo bislang die oder der Soundso gewohnt haben. Auf den Preis wirkt sich der Name des Vorbesitzers selten aus. Es gibt nur eine Ausnahme.

Nun bin ich gespannt.

Häuser, die früher einmal von Größen des NS-Regimes bewohnt wurden, lassen sich schwer verkaufen. Wir hatten einmal ein Anwesen, bei dem es unklar war, ob es sich dabei um arisiertes Vermögen handelte. Erst nachdem geklärt war, dass das Haus nicht einer jüdischen Familie abgenommen worden war, konnte es verkauft werden.

Sie haben gerade schon Preise angesprochen: Werden die Preise, die aufgerufen werden, auch tatsächlich gezahlt?

Das lässt sich so pauschal nicht beantworten: manchmal schon, manchmal auch nicht.

Wird es in der Regel mehr oder weniger?

Das hängt davon ab, wie viele Interessenten es gibt – und was der bisherige Besitzer will. Bei den meisten geht es, wenn sie ihre Immobilie verkaufen, aber nicht nur ums Geld.

Um was geht es denn sonst?

In der Regel treffen hier Menschen aufeinander, die wissen, was sie wollen, und die gelernt haben zu verhandeln. Viele Vermögende sind sehr pragmatische Menschen. Da wird nicht um die letzten Tausender gefeilscht.

Klingt nach dem Traum eines Maklers.

Das nun auch wieder nicht. Denn meine Kolleginnen und Kollegen und ich brauchen viel Fingerspitzengefühl, etwa wenn es darum geht, Eigentümer vom marktgerechten Wert ihrer Immobilie zu überzeugen.

Weil diese Menschen zu viel wollen?

Ja, häufig. Das ist aber menschlich. Denn man hält das eigene Haus oft für das beste und schönste und verlangt dann auch einen entsprechenden Preis.

Wie oft müssen sie Verkaufswillige enttäuschen, indem Sie ihre Preisvorstellungen nach unten korrigieren?

Leider sehr häufig.

Gibt es da harten Wettbewerb unter den Maklern, den der gewinnt, der den höchsten Wert verspricht?

Bis zu einem gewissen Grad. Einige Makler versprechen zunächst hohe Preise, um den Auftrag zu bekommen. Wir machen da aber nicht mit.

Warum nicht?

Wenn ich dem Eigentümer einen überzogenen Preis verspreche und damit an den Markt gehe, ziehe ich den Verkaufsprozess unnötig in die Länge und enttäusche am Ende den Verkäufer, wenn ich den Preis nicht erzielen kann. Und auf Enttäuschungen baut man sich kein Empfehlungsgeschäft auf.

Wie lange dauert es, bis eine Immobilie für eine achtstellige Summe verkauft ist?

In der Regel zwischen sechs und zwölf Monaten.

Geht das nicht doch oft zügiger?

Das kann schon mal klappen, aber es gibt nur eine kleine Zielgruppe. Wir haben in der Regel bei Objekten ab zehn Millionen Euro auch nur fünf bis zehn Besichtigungen.

Was wäre, wenn etwa ich aus purer Neugier ein solches Anwesen besichtigen wollte?

Da würde ich Sie fragen, ob Sie kürzlich sehr gut geerbt haben. Wenn nicht, würde ich Ihnen höflich erklären, dass wir nur ernsthafte Interessenten durch die Räume führen.

Gibt es die Situation, dass der Preis steigt?

Das kommt auch vor: Wir haben immer wieder zwei oder mehr Interessenten. Dann kann es auch vorkommen, dass einer, der die Immobilie unbedingt haben will, noch etwas drauflegt, um das Rennen zu machen.

Häuser, die früher einmal von Größen des NS-Regimes bewohnt wurden, lassen sich
schwer verkaufen.

Wie wird sich der Markt nach Ihrem Gefühl entwickeln?

Sollten wir keine scharfe Rezession bekommen, rechne ich mit leicht steigenden Preisen. Die Nachfrage ist in München größer als das Angebot – und ich denke, dass die Finanzierungszinsen eher leicht sinken werden.

Werden wir bald wieder Neubauten am Luxusimmobilienmarkt sehen?

Im obersten Segment wird es sicher vereinzelte Projekte geben. Aber im breiteren Markt für hochwertige Immobilien sehe ich große Probleme. Viele Projektentwickler sind insolvent, die Bau- und Finanzierungskosten sind hoch und die Genehmigungsprozesse zu langwierig und komplex. Deshalb ist aktuell die Zahl der Baugenehmigungen leider auf dem tiefsten Stand seit 2010. Da wird es mit den Neubauwohnungen in den nächsten Jahren schwierig.

Herr Riedel, vielen Dank für das Interview.

Die Fragen stellte Markus Hinterberger.

38 Märkte MONTAG, 12. MAI 2025, NR. 90 
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Markus Riedel
Markus Riedel
Geschäftsführender Gesellschafter
Diplom-Kaufmann
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